Protestplakat mit den Worten 'Bitches, Butches, Dykes, Sluts & Queers Unite' in bunten Buchstaben.

Ich bin wütend!

Ich bin wütend. Weil alles, was wir uns erkämpft haben, wieder bröckelt. Weil wir im Jahr 2025 noch immer darüber diskutieren müssen, ob queere Menschen gleichwertig sind. Weil Demokratien beginnen, uns zu verraten.

Während queere Menschen beleidigt, bedroht und zusammengeschlagen werden – während Jugendliche verzweifeln, weil man ihnen sagt: „Du bist falsch“ – schauen viele weg. Oder sie gießen Öl ins Feuer.

Politik und Sprache werden zur Waffe. Minister*innen verbieten inklusive Sprache. Regenbogenfahnen verschwinden. Kanzler beleidigen uns. Und viele applaudieren. Die Gewalt nimmt zu – täglich. Sie kommt aus der Gesellschaft, aus Unternehmen, Kirchen, Parlamenten. Und sie hat viele Gesichter.

Wer Queerfeindlichkeit mit Rassismus beantwortet, hat nichts verstanden. Denn das Problem ist systemisch. Queerfeindlichkeit kommt nicht nur von außen – sondern auch aus der Mitte der Gesellschaft.

CSDs werden bedroht. Queere Menschen auf der Straße, in Bus und Bahn, am Arbeitsplatz – sie alle erleben tagtäglich Angst, Spott und Gewalt. 70 % sind am Arbeitsplatz nicht geoutet. Viele queere Jugendangebote stehen vor dem Aus. Wenn diese Räume verschwinden, verschwindet unsere Zukunft.

Was manche als „zu viel“ queer empfinden, ist in Wahrheit immer noch zu wenig Schutz. Sichtbarkeit ist kein Lifestyle – sie ist Überleben. Unsichtbarkeit macht krank, tötet. Wer unsichtbar ist, glaubt schnell, er sei allein. Oder falsch.

Wenn staatliche Gebäude die Regenbogenflagge hissen, ist das kein Kniefall vor einer Mode – sondern ein Bekenntnis zur Verfassung. Sie erinnert daran, dass dieser Staat alle schützen muss. Auch uns.

Queere Menschen mussten schon immer kämpfen. Gegen Verachtung. Gegen Gesetze. Gegen Gewalt. Und wir haben nie aufgegeben. Nicht damals. Und nicht heute.

Wir haben uns Sichtbarkeit erkämpft – mit Lippenstift und Leder, mit Babys im Kinderwagen, mit Wunden, mit Blut – aber immer mit Würde und Stolz.

Wenn sie unsere Fahnen verbieten, dann tragen wir sie auf der Haut. Wenn sie unsere Sprache nehmen, dann schreien wir. Wenn sie uns ausgrenzen wollen, dann rücken wir enger zusammen. Denn wir sind die queere Mitte.

Wir sind jung, alt, arm, reich, mit und ohne Behinderung, geboren hier oder hergezogen oder geflüchtet. Wir sind Familien. Und unsere Kinder sind auch Kinder dieses Landes.

Doch was uns bedroht, kommt nicht nur von außen. Auch innerhalb unserer Community gibt es Spaltungen. Wer zählt, wer nicht? Wer ist „richtig queer“? Wer wird ernst genommen? Wenn wir uns gegenseitig ausschließen, schwächen wir uns selbst. Vielfalt ist kein Slogan – sie ist Herausforderung und Chance zugleich.

Eine Bitte an unsere Verbündeten: Schaut nicht weg. Auch wenn ihr nicht betroffen seid. Was queere Menschen heute trifft, kann morgen alle treffen.

Denn Demokratie stirbt nicht plötzlich – sie stirbt in Etappen. Erst ein Wort. Dann ein Recht. Dann ein Mensch.

Aber wir lassen das nicht zu. Wir bleiben laut. Für uns. Für die, die nicht mehr da sind. Für die queeren Kinder, die auf eine Stimme warten, die sagt:
„Du bist wunderschön. Du bist großartig. Und du bist genau richtig, so wie du bist.“